Lucía Astigarraga

10 Fragen an Lucía Astigarraga

Oper
27. Februar 2024

Lucía Astigarraga studierte Schauspiel an der Königlichen Schule für Schauspielkunst in Madrid und am Conservatoire Royal de Mons in Belgien. Sie arbeitet sowohl als Regisseurin als auch als Schauspielerin in den Bereichen Oper und Theater. Als Regisseurin und langjährige Assistentin des spanischen Regisseurs Calixto Bieito arbeitete sie an verschiedensten europäischen Häusern und inszenierte Stücke wie Bizets «Carmen» und Massenets «Manon». Am Luzerner Theater feiert ihre Inszenierung von Puccinis «La Bohème» am 9. März Premiere.

Liebe Lucía, welches ist dein Lieblingsmoment in «La Bohème»?
Ich liebe den dritten Akt, in dem Rodolfo damit kämpft, seinem Freund Marcelo gegenüber ehrlich zu sein. Es ist eine Herausforderung für ihn, sich zu öffnen, Verletzlichkeit zu zeigen und all seine Gefühle für Mimí auszudrücken. Die Überwindung dieser Schüchternheit ist Teil des menschlichen Übergangs zum Erwachsensein und fasst den Konflikt dieser Oper in 24 Takten wunderbar zusammen.

Das Stück kam Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal auf die Bühne und ist heute eine der am häufigsten aufgeführten Opern weltweit. Wie erklärst du dir die anhaltende Beliebtheit von Puccinis Opernklassiker?
Puccini konzentriert sich auf die Erfahrungen und Fragen von Menschen, die weder Götter noch Helden sind. Das Drama ist nicht an etwas Flüchtiges gebunden oder von historischen Ereignissen abhängig. Es ist in menschlichen Gefühlen und Konflikten verwurzelt, die sich in zwei Jahrhunderten nur wenig verändert haben, was es für die Menschen von heute nachvollziehbar macht.

Wie ist es, mit einem so berühmten Stoff zu arbeiten?
Es gibt einen positiven Aspekt: Man kann untersuchen und sich an all dem bereichern, was bereits getan und erforscht wurde. Natürlich gibt es auch eine andere Seite – den eigenen Anspruch, etwas Neues und Originelles einzubringen, was bei einem häufig gespielten Werk eine Herausforderung ist. Hinzu kommt der Druck, ein Publikum zufrieden zu stellen, das Erwartungen hat, weil es das Stück bereits sehr gut kennt.

Was erwartet uns bei deiner Inszenierung von «La Bohème»?
Ich möchte sowohl komödiantische als auch tragische Momente hervorheben. Ich glaube, das Publikum ist am zufriedensten, wenn die Reise alle Farben des Lebens umfasst. Ich hoffe, dass das Publikum lacht und weint und natürlich für einen Moment die Probleme der realen Welt vergisst.

Was hat dich dazu bewegt, Regisseurin zu werden?
Es war weder geplant noch erträumt, es geschah schrittweise, natürlich und unerwartet. Mir wurde die Gelegenheit gegeben und es war sehr befriedigend. Es macht mir Spass, Teams zu gründen und zu leiten, mich um die Gruppe zu kümmern, sie zu motivieren, zu inspirieren und mit Liebe und ohne Vorurteile dafür zu sorgen, dass sie sich wohl und sicher fühlen. Das ist eine schöne Aufgabe.

Nebst deiner Tätigkeit als Regisseurin bist du auch als Schauspielerin tätig. Wirken sich deine Erfahrungen als Darstellerin auf deine Regieführung aus?
Sehr oft. Wenn ich nicht die richtigen Worte finde, bitte ich die Sängerinnen und Sänger, mit mir die Rollen zu tauschen, und dann spiele ich, während sie von aussen zusehen und analysieren. Das ist eine gute Möglichkeit für sie zu sehen, was funktioniert; es ist eine gegenseitige Suche, die beide Seiten bereichert. Ausserdem halte ich es für wichtig zu wissen, was ein*e Darsteller*in auf der Bühne fühlt. Das ist etwas, das gelebt werden muss. Man ist sehr exponiert und verletzlich, und wenn man das aus erster Hand kennt, fällt es einem leichter, ihre Bedürfnisse zu verstehen.

«La Bohème» ist deine erste Arbeit am Luzerner Theater. Wie unterscheidet sich unser Haus von anderen Theatern, an denen du bisher gearbeitet hast?
Jeder Ort ist völlig anders; die Eigenart jeder Kultur beeinflusst, wie jedes Theater funktioniert. In Luzern sind die Menschen höflich, respektvoll, ruhig, verantwortungsbewusst und sehr professionell. Für mich ist das das ideale Arbeitsumfeld. Das Theater ist klein, was es sehr besonders macht. Es bietet einzigartige Möglichkeiten: Wir können den Sänger*innen in die Augen sehen, mit ihnen atmen und jedes Detail ihrer Darbietung geniessen. Das ist anspruchsvoll für sie, aber ein Luxus für das Publikum. Die typischen grossen Gesten der Oper, die fürs Betrachten aus der Ferne gemacht sind, funktionieren hier dafür weniger gut.

Welches Stück würdest du gerne künftig mal inszenieren?
Ich mag Werke, die grosse Teams erfordern, mit erheblicher Chor-Beteiligung, zahlreichen Solist*innen, Statist*innen, Kindern... Zum Beispiel: «La Traviata», «Pagliacci», «Cavalleria Rusticana», «Boris Godunov»... Und natürlich, wenn grosse Leidenschaften im Spiel sind.

«La Bohème» feiert am 9. März Premiere, ihr steuert also bereits auf die Endproben zu. Wie hast du die Probenarbeit bisher erlebt?
Es herrschte eine gute Energie bei den Proben und ich hatte jeden Tag das Gefühl, dass das Team besser zusammenhält. Wir haben uns gegenseitig unterstützt. Einige spielen ihre Rollen zum ersten Mal und haben viel Frische mitgebracht, während andere viel Erfahrung haben und ihr ganzes Wissen eingebracht haben.

Wer soll sich «La Bohème» am Luzerner Theater unbedingt anschauen?
Für alle Opernliebhaber*innen bietet «La Bohème» eine transformative Erfahrung, die die Schönheit von Musik und Theater zeigt. Das junge Publikum, das mit Opern nicht vertraut ist, wird eingeladen, die fesselnde Welt der Oper durch die hypnotisierende Musik und die dynamische Inszenierung zu entdecken.