Oliver Losehand

10 Fragen an Oliver Losehand

Schauspiel
28. November 2023

Oliver Losehand studierte an der Neuen Münchner Schauspielschule und arbeitete darauf sowohl in Festanstellungen als auch als Gast an diversen Theatern in Deutschland und der Schweiz. Nach zwölf Jahren am Theater St. Gallen ist er seit der Spielzeit 23/24 Mitglied im Schauspielensemble des Luzerner Theaters. Als Prinz im Familienstück «Dornröschen» steht Oliver Losehand gerade in seiner ersten Produktion in Luzern auf der Bühne.

Lieber Oliver, hast du jeweils Lampenfieber, bevor du auf die Bühne gehst?
Absolut, hauptsächlich bei den Premieren. Es wird immer schlimmer, je älter ich werde. Früher war ich zwar schon den ganzen Tag über aufgeregt, mittlerweile sind es nur noch die letzten fünf Minuten vor Beginn – dafür ist die Nervosität dann besonders stark. Da muss man durch, es verspielt sich auch meistens wieder.

Wie bist du denn überhaupt zum Schauspieler geworden?
Ich habe schon in der Grundschule und am Gymnasium viel Theater gespielt. An der Uni habe ich Deutsch und Geschichte studiert, aber auch in der Theatergruppe mitgemacht. Studieren fand ich wahnsinnig langweilig. So habe ich mich dann entschieden, an die Schauspielschule zu gehen. Das war nicht leicht und es war ein mühsamer Weg – ich habe bestimmt zwei Jahre vorgesprochen, bis es geklappt hat.

Seit dem 28. November spielst du bei «Dornröschen» mit. Hast du eine besondere Kindheitserinnerung an das Märchen?
An «Dornröschen» nicht. Die Donnergeräusche, die bei uns auf der Bühne vorkommen, erinnern mich aber an etwas: Als ich im Kindergarten war, besuchte ich ein Märchentheater. Da kam ein Donnerblech vor, das mir schreckliche Angst gemacht hat. Ich war ein echter Schisshase früher – aber nur im Theater! Die Illusionen haben bei mir immer total gut funktioniert. Angst haben kann etwas Tolles sein, vor allem, weil das ja keine reale Angst ist. Man kann im Theater sowohl beim Zuschauen als auch beim Spielen Zustände erleben, die keine Konsequenzen haben. Das finde ich toll: in eine andere Welt entführt zu werden und einfach alles zu vergessen, dadurch auch von sich wegzukommen.

Die Bühnenfassung, die wir spielen werden, ist etwas anders als der Text von den Brüdern Grimm. Was gefällt dir besonders gut an der Version, die wir aufführen?
Mir gefällt meine Figur besonders gut: ein Prinz, der nicht der stereotype Held ist. Wer ist schon ein Held? Er hat Angst, ist ungeschickt und überhaupt nicht heldenhaft – er wächst in die Rolle rein. Wenn man eine Sehnsucht hat und sich etwas wünscht, an etwas glaubt, dann kann man sich selbst überwinden und befreien. Dann kann jeder ein Held sein. Das finde ich eine schöne Aussage.

Wie hast du dich auf die Rolle des Prinzen vorbereitet?
Ich habe zu Beginn den Fehler gemacht, dass ich zu sehr den Ungeschickten gespielt habe. So habe ich die Ernsthaftigkeit der Figur fast aus den Augen verloren. Bei den Proben kam aber immer mehr raus, dass nicht das Ungeschickte im Vordergrund stehen darf, sondern dass er will und sich bemüht. Das ist viel spannender. So entsteht auch die Komik: Jemand versucht etwas zu erreichen, scheitert lustig daran und wächst aus diesem Misslingen. Es ist wichtig, dass man über Scheitern lachen kann. Es braucht aber auch eine Ernsthaftigkeit, gerade bei ungeschickten Figuren. Man muss ihnen viel Substanz geben, damit sie glaubwürdig sind.

Im Stück kommt viel Musik vor und du singst und tanzt auch auf der Bühne. Was war deine Reaktion, als du von diesen zusätzlichen Herausforderungen gehört hast?
Singen ist nicht gerade mein Steckenpferd, aber unser Musiker Jan Beyer führt uns liebevoll an die Musik heran. Es sind tolle Lieder mit schönen Aussagen. Das Tanzen muss glücklicherweise nicht perfekt sein. Es verkörpert den Prinzen sehr gut: Er versucht, den Balletttanz von Dornröschen nachzumachen. Zu Beginn der Proben ist er jeweils direkt gescheitert, jetzt schafft er es zu Beginn relativ gut und stürzt erst am Schluss. Er hat es also fast geschafft und scheitert erst zuletzt. Diese Balance finde ich stimmig für die Figur.

«Dornröschen» ist ein Familienstück für Menschen jeden Alters – auch für Kinder. Was gefällt dir besonders am Spielen fürs junge Publikum?
Kinder sind einfach die besten Zuschauer*innen. Ich habe einmal in St. Gallen den bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann in «Räuber Hotzenplotz» gespielt. Wir hatten eine Rock-Kinderband auf der Bühne und 700 Kinder, die auf den Sitzen gestanden und mitgesungen haben. Wann hast du das mit Erwachsenen im Theater? Diese Reaktionen, das Mitgehen und Mitfiebern – Kinder nehmen alles für voll, das ist grossartig.

Im Anschluss an die Aufführungen von «Dornröschen» gibt es jeweils eine Autogrammstunde mit den Darstellenden. Wie ist es für dich, mit den Zuschauenden so direkt in Kontakt zu treten?
Das ist total schön. Die Kinder können dann auch auf eine gute Art wahnsinnig frech werden. Gerade wenn man den Bösen spielt versuchen sie, damit umzugehen: Bist du wirklich böse? Wir stark kann ich dich aus der Reserve locken? In St. Gallen haben die Nachbarskinder noch lange nach «Räuber Hotzenplotz» meinen Song gesungen, wenn ich aus der Türe trat. Ich war ein Jahr lang nur Zwackelmann. Es ist einfach toll, wie man bei Kindern anders ankommt.

Du bist ganz neu im Schauspielensemble des Luzerner Theaters dabei. Wie gefällt es dir in Luzern?
Die Stadt gefällt mir sehr gut. Es fiel uns als Familie und gerade den Kindern zwar schwer, von St. Gallen wegzugehen mit all den Freund*innen, aber wir haben uns schnell eingewöhnt. Luzern ist natürlich toll und wahnsinnig spannend. Gerade wenn man im Theater auf der Dachterrasse ist, hat das schon ein besonderes Flair.

Wieso sollte man sich das Stück «Dornröschen» ansehen?
«Dornröschen» hat viel Herz, schöne Figuren und Witz. Es ist unheimlich, es ist leicht, es ist beschwingt, es ist auch traurig – es hat ein grosses Spektrum an intensiven Erlebnissen für Kinder. Wir sind auch bemüht, mit dem Publikum zu interagieren und den Abend lebendig und vielseitig zu gestalten. Es ist ein schöner Märchenzauber – man wird in eine andere Welt entführt.